Geschichte Marokkos

Übersichtskarte (einschließlich der von Marokko beanspruchten ehemaligen Kolonie Spanisch-Sahara)

Die Geschichte Marokkos umfasst die Entwicklungen auf dem Gebiet des Königreiches Marokko von der Urgeschichte bis zur Gegenwart. Sie reicht rund 1,3 Millionen Jahre zurück, belegt durch Steinwerkzeuge aus der Fundstätte Thomas Quarry bei Casablanca. Der Homo erectus lässt sich für die Zeit vor 700.000 Jahren nachweisen, der anatomisch moderne Mensch spätestens vor 145.000 Jahren. Während im Rif Landbebauung für das 6. Jahrtausend v. Chr. nachgewiesen werden konnte, drang die produzierende Wirtschaftsweise nur langsam gegen die aneignende der Jäger, Sammler und Fischer vor. Auf die Kultur des Capsien (ab 8000 v. Chr.) gehen möglicherweise die Berber (Imazighen) zurück.

Die Phönizier prägten ab dem frühen 1. Jahrtausend v. Chr. zunehmend die Berberkulturen, wobei sich Karthago als führende Stadt im östlichen Maghreb durchsetzte. Cádiz unterhielt ab dem 7. Jahrhundert v. Chr. eine Handelsstation auf Mogador. Karthago expandierte ab Mitte des 5. Jahrhunderts westwärts bis an den Atlantik, wo Stützpunkte entstanden. Während des Konflikts zwischen Karthago und Rom entstanden im Maghreb die Reiche der Massyler, der Masaesyler und das Königreich Mauretanien, das Rom ab 40 n. Chr. annektierte. Die Südgrenze der römischen Provinz wurde durch eine Kette von Befestigungen gesichert, den Limes Mauretaniae. Bis auf wenige Küstenstädte ging die Provinz Mauretania Tingitana bereits Ende des 3. Jahrhunderts verloren.

Die Christianisierung setzte im 2. Jahrhundert ein. Auch einige Berbergruppen übernahmen viele Aspekte der römischen Kultur, darunter die Religionen. Neben der christlichen breitete sich auch die jüdische Religion aus. 429/435 besetzten Vandalen die Provinzen Numidiens. Als Arianer bekämpften sie die bisher dominierende Kirche, während die Berber weite Gebiete besetzen konnten und eine eigene Stammeskultur entwickelten. 533 begann Ostrom das Vandalenreich zurückzuerobern, wobei die Berber in wechselnden Koalitionen eigenständige Herrschaftsgebiete aufbauten. In der Provinz Tingitana konnte Ostrom nur noch im äußersten Norden Fuß fassen.

Ab 664 begann die arabische Eroberung des Maghreb. Die Berber wehrten sich anfangs vehement, doch fanden sie schließlich in einer islamischen Rechtsschule eine Heimat, die ihnen die Gleichstellung mit den Arabern zusicherte. Andererseits forderten diese Charidschiten größere Unabhängigkeit und so begannen um 740 Aufstände, die zunächst von den Armeen der Umayyaden und der Abbasiden unterdrückt wurden. Um 800 bestanden bereits drei große Reiche im Maghreb.

Berberische Sprachgruppen im Nordwesten Afrikas

Die übergreifenden Stammesgruppen der Berber waren zunächst die sesshaften Masmuda, dann die Zanāta, die später nach Marokko abgedrängt wurden, sowie die Sanhādscha im Mittleren Atlas und weiter im Süden, aber auch im östlichen Algerien. Sie bildeten eine wichtige Stütze für den Aufstieg der Fatimiden. Diese waren Schiiten, sie verlegten jedoch ihren Reichsschwerpunkt 972 nach Ägypten. Nun machten sich Ziriden und Hammadiden unabhängig. Im Gegenzug schickten die Fatimiden mit den Banū Hilāl arabische Beduinen nach Westen. Das Arabische, bis dahin nur von den städtischen Eliten und am Hof gesprochen, beeinflusste nun zunehmend die Berbersprachen. Die Islamisierung wurde verstärkt, das Christentum verschwand.

Die Almoraviden stellten das zerbrochene Stammesbündnis der Ṣanhāǧa in der westlichen Sahara wieder her und eroberten den westlichen Maghreb und damit auch Marokko, aber auch weite Teile Westafrikas und der iberischen Halbinsel (bis 1147). Sie wurden von den Almohaden abgelöst, die ihren Ursprung in einer Sekte hatten, den gesamten Maghreb eroberten und gleichfalls bis nach Andalusien vorstießen. Die bis dahin einflussreichen, von den nun vorherrschenden Sunniten als häretisch betrachteten, aber bei den Berbern dominierenden Richtungen des Islams verschwanden weitgehend im 12. und 13. Jahrhundert.

Mit dem Zusammenbruch des Almohadenreichs 1235 eroberten die marokkanischen Meriniden zeitweise Algeriens Norden und Tunesien. Dabei mischten sich zunehmend iberische Mächte ein, sowohl muslimische als auch christliche. 1465 bis 1549 herrschte die Dynastie der Wattasiden (Banu Watassi). Mit dem Fall Granadas und der Vereinigung Spaniens (1492) kam eine der beiden Großmächte ins Spiel, die im 16., 17. und 18. Jahrhundert das westliche Mittelmeer dominierten. Die zweite Großmacht war das Osmanische Reich, das zunächst mittels Piratenflotten den Spaniern Widerstand entgegensetzte und versuchte, Marokko zu unterwerfen. Die Spanier eroberten Stützpunkte an der Küste von Ceuta über Oran und Tunis bis Djerba, die Portugiesen vor allem an der Atlantikküste.

Im Kampf gegen die Portugiesen entrissen die Saadier, die sich auch auf Zuwanderer aus dem Jemen stützten, im Jahr 1549 den geschwächten Wattasiden die Macht. 1578 scheiterte ein gewaltsamer Vorstoß Portugals in der Schlacht der drei Könige bei al-Qaṣr al-Kabīr. Unter den Saadiern wurde Marokko zu einer eigenständigen Macht, die sich – teils mit spanischer Hilfe – als einziger arabischer Staat erfolgreich gegen die Osmanen behauptete. Diese konnten Fès nur kurzzeitig besetzen. Zeitweise expandierte das militärisch erstarkte Marokko unter den Saadiern bis zum Niger. Auf religiöser Ebene wurde der Vorrang des saadischen Kalifats bis zum Tschad vom König von Kanem und Bornu anerkannt. Jedoch spaltete sich das Land nach 1603 nach dem Tode des letzten Saadierherrschers Ahmad Al-Mansur.

Ab 1492 kamen infolge des Alhambra-Edikts vertriebene Juden aus Spanien nach Marokko, die kulturell insbesondere den Norden des Landes stark prägten. Sie nahmen zeitweise erheblichen Einfluss auf die ökonomischen und politischen Außenkontakte der ab 1664 herrschenden Alaouiten (Alawiden), die bis heute die Könige stellen und ihre Dynastie auf Ali, den Schwiegersohn Mohammeds zurückführen. Marokkos Herrscher residierten in verschiedenen Städten, die man heute die vier Königsstädte nennt. Diese sind Fès, Marrakesch, Meknès und Rabat.

Jedoch zerfiel der Einheitsstaat erneut im 18. Jahrhundert. Der Versuch, den Freiheitskrieg der Algerier gegen Frankreich zu unterstützen, führte zu einer weiteren Schwächung Marokkos. 1912 wurde das Land zum französischen Protektorat.

Auch Spanien griff seit 1859 mehrfach Marokko an. Die Kolonialisierung des Nordens und äußersten Südens durch Spanien führte 1893, 1909 und 1921 in drei Kriegen im Rif bis zum Einsatz von Giftgas. Frankreich übte ebenfalls Einfluss aus, der 1912 in die Aufteilung des Landes mündete: Ein kleiner Teil des Landes im Norden wurde spanisches, ein Großteil des Landes französisches Protektorat. Auch Frankreich stieß auf Widerstand, der bis Ende der 1930er Jahre andauerte. Die Herrschaft des Generalgouverneurs Marschall Hubert Lyautey und seine Vorstellungen, dass sich europäische und indigene Bevölkerung nicht vermischen sollten, prägen bis heute das Bild vieler marokkanischer Städte. Mit dem Vichy-Regime zog vorübergehend neben der rassistischen kolonialen Gesetzgebung die judenfeindliche der Nationalsozialisten im Maghreb ein. Seine Repräsentanten und Gesetze wurden nach der Landung alliierter Truppen im Rahmen der Operation Torch im November 1942 eine Zeit lang von der US-Regierung geduldet, bis Kräfte der Résistance unter Charles de Gaulle im Juni 1943 eine Ablösung erreichten. Auf der Casablanca-Konferenz im Januar 1943 beschlossen die Alliierten die „bedingungslose Kapitulation“ des Deutschen Reiches als Kriegsziel des Zweiten Weltkrieges.

1956 erlangte Marokko die Unabhängigkeit von Frankreich und Spanien, der überwiegende Teil der etwa 250.000 Juden verließ das Land. Ab 1975 besetzte Marokko die Westsahara. Mit der schrittweisen Demokratisierung wurden Parlamentswahlen für November 1997 beschlossen, die die linke Opposition gewann. Ab 2002 regierte eine Mitte-rechts-Koalition. Besonders ab den 2000er Jahren förderte das Königshaus eine stärkere wirtschaftliche Entwicklung des Landes durch Agrarexporte, Ansiedlung von Industrie und Tourismus. Eine islamistische Partei errang 2011 107 von 395 Sitzen und wurde damit stärkste Partei. Nach 10 Jahren an der Regierung erlitt diese 2021 eine schwere Wahlniederlage und wurde wiederum durch eine Mitte-Rechts-Koalitionsregierung abgelöst.


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